Henter-Touren
2010 Kuba


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2010-03-12 Rheinfall, ohne 'h' und nicht in Schaffhausen

Egal, wir waren gut gekühlt aber pünktlich in Havanna und ich konnte problemlos eine Fahrkarte nach Viñales für 9 Uhr kaufen. Auf dem Weg dorthin hatte der Scheibenwischer ordentlich Arbeit. Als wir gegen 13 Uhr ankamen, schien schon wieder die Sonne. Ich hielt Ausschau, ob diesmal erneut jemand mit 'BERNARD' am Straßenrand stehen würde. Leider nicht, was mich 1500 km von Baracoa entfernt, auch nicht wunderte. Die Empfehlung von dort sollte außerhalb des Ortes liegen und danach stand mir der Sinn nun nicht gerade. Ich wollte zentral eine warme Dusche haben. Als ich mich wieder alle Bemühungen abwehrend auf die andere Straßenseite begab, folgte etwas verzögert eine junge Frau. Sie zeigte mir Bilder ihrer Unterkunft und beteuerte, dass sie recht zentral lag. Wir gingen zu Fuß dort hin. Sie war irgendwie komisch, anders als die anderen. In der Unterkunft zeigte sie mir ihr Gästebuch mit den Empfehlungen. Der letzte Eintrag war über zwei Monate alt, es war zerfleddert und überhaupt hielten sich die Eintragungen zurück. Zimmer und Bad sahen so schlecht nicht aus und ich spürte nach der langen Reise das Bedürfnis nach einer Dusche. Jetzt nochmal zurück in den Ort und etwas anderes suchen? Und so sagte ich für zwei Nächte zu.

Ich bekam ein kaltes Getränk und gleich darauf noch eines. Es war lecker und tat richtig gut, so nach einem Tag ohne Trinken, auch wenn es 'etwas' nach Alkohol schmeckte. Es war Rum mit Rohrzucker, Limettensaft, zerstoßenem Eis, frische Minzblätter und nennt sich Mojito ...wenn es mit Wasser verdünnt wird. Als ich die beiden großen Limogläser aus hatte, ging ich noch in mein Zimmer, machte die Tür zu, ließ mich auf's Bett fallen und war sofort eingeschlafen.

Am Abend riss mich das Telefon mit dem Charme eines Rauchmelders aus dem Schlaf. Es roch nach Toilette. Im Essraum erwartete mich eine Benzinwolke, da der Hausherr vor dem Fenster am Moped bastelte. Beim Essen war der Fisch mit Haut, Gräten und versalzen. Die Hühnersuppe war voller Knochensplitter. Das Telefon, welches so zweimal die Stunde klingelte ließ mich jedes mal zusammen zucken, genauso wie der Schwiegervater in der Küche, wenn er abwechselnd die Nase hochzog oder sich die Klumpen aus der Lunge würgte. Im Bad gab es weder eine Ablage noch einen Spiegel. Der einzige war fast unbrauchbar über den Drittbett, oberhalb der einzigen Steckdose. Alles war recht beengt, kein Tisch, kein Schrank, kein Stuhl, keine Fensterscheiben, keine Badezimmertür, keine Ablage am Bett, kein Klopapierhalter, kein, kein, kein... Dazu waren die Gastgeber künstlich freundlich und aufdringlich bzgl. warum ich nicht länger bleiben wolle, welche Ausflüge ich mit dem Hausherr machen würde usw. Hinter der Tür gab's dann Familienkrach, der bis in mein Zimmer zu hören war.

Es war noch mehr. Aber irgendwann ist bei mir eine Schwelle erreicht, dann stört mich selbst das, was ich sonst problemlos tolerieren würde. So war klar: Ich wechsele die Unterkunft, auch wenn diese hier nur unschlagbare 15 CUC kostete.

2010-03-13 Dolores und das Glück der Erde

Jedes mal wenn das Telefon klingelte, stand ich senkrecht im Bett. Das Omelet war versalzen wie gestern der Fisch. Auch nach einer Nacht drüber schlafen stand fest: Wechseln! Aber zunächst zur Telefonbude aka Internet. Keine 20 qm mit zwei Internetplätzen neben der normalen Funktion eines solchen Telefon-Shops. Dreimal die Woche ist für einige Stunden geöffnet.

Danach ging ich zur 'Empfehlung aus Baracoa'. Ich zeigte den Zettel mit der Anschrift und frug, ob ich hier richtig sei. "Oh, du bist bestimmt Bernardo aus Baracoa. Wir haben dich gestern erwartet." Jetzt war alles belegt und auch die nächsten Tage sah es schlecht aus, wenn keine der Reservierungen platzen sollte. Mist. Aber die Hausherrin zeigte mir ein Zimmer: riesig. Und sie versprach, ich könne ohne Probleme zu ihr kommen. Falls kein Zimmer frei sei, so habe eine Freundin gleichwertige. Ich bekam einen frischen Fruchtsaft, wir setzen uns mit ihrer Schwiegertocher auf die Veranda und hatten eine lustige Unterhaltung über dies und das ...die Chemie stimmte.

Und nun zu etwas total Anderem als Einstimmung auf den nächsten Absatz, aber nicht unbedingt notwendig um der Geschichte weiter folgen zu können: Eines der ältesten Gebirge auf der Erde ist das Hochland von Guayana. An seinem Rand stürzt sich ein Wasserfall in die Tiefe und verliert auf dem fast 1 km langen Weg nach unten glatt die Lust ein Wasserfall zu sein. Obwohl daher niemand weiß, wie tief das Wasser als Wasser nun fällt, bevor es zu Dampf und Dunst wird, so ist man sich doch darin einig, das der Salto Angel der höchste (tiefste?) Wasserfall der Erde ist. Dagegen haben sich auf dem Plateau selbst, hoch oben und isoliert vom Rest, einige sehr alte Tiere und Pflanzen erhalten, welche sonst ausgestorben sind oder es anderswo erst überhaupt nicht gab. Nun aber zum Eigentlichen: Mitten auf diesem uralten, verlassenen Hochland erreichte in den 80ern ein Bus seine Endstation und spuckte seine einzig verbliebenen Fahrgäste aus: Zwei deutsche Backpacker. Hier am Ende der Welt gab's jetzt nur noch genau eine einzige Verbindung: Genau den selben Bus zurück. Und die Backpacker staunten nicht schlecht, waren sie doch im sagen­umwobenen El Dorado gelandet! Aber schnell fiel ihnen auf, dass es hier nur drei Arten von Bewohnern gab: Kinder, Greise und... Nymphen! So mitten auf dem uralten Hochplateau konnte also nicht nur El Dorado die Zeit überdauern, sondern es war ebenfalls Rückzugsgebiet der ebenso sagenumwobenen Nymphen. - Zwei junge Männer alleine unter Nymphen. Das war wahrlich kein Zuckerschlecken! Sie kämpften mit sich, wehrten erfolgreich die intensiven Forderungen und Angebote der Nymphen ab und verließen am nächsten Morgen fluchtartig El Dorado, welches somit erfolgreich von den Nymphen verteidigt wurde.

Version 1: Hatte ich vor einem Vierteljahrhundert El Dorado besucht, so stand heute ein ähnlich aufregendes Treffen bevor: Ich sollte nicht weniger als 'Das Glück der Erde' kennen lernen. Diese Begegnung geschah für mich, ähm, sagen wir 'unvollkommen vorbereitet', denn in der Schule hatte ich darüber nichts gelernt. Auch sonst hatte mir keiner erzählt, wie ich mich bei solch einer Zusammenkunft zu verhalten hätte. Und es kam wie es kommen musste. So vorsichtig ich die Sache auch anging: Mein Kontakt mit dem 'Glück der Erde' war in der Raum-Zeit sowohl als auch nur punktuell, dafür jedoch sehr heftig ...immer wieder, stundenlang. Ich frug mich währenddessen, warum es nicht auch und gerade für Männer eine passende Schutzausrüstung gibt, wenn sie die ersten Rendezvous mit dem Rücken eines Pferdes haben. Und so wie damals die Freude über El Dorado durch die Nymphen getrübt wurde, wurde diesmal die Freude über 'Das Glück der Erde' durch Dolores, die Schmerzhafte, getrübt ...intensiv und nachhaltig.

Version 2: Der Hausherr meiner Unterkunft bot einen Ausritt durch das Tal an, all inclusive: National Park, Höhle, Tabakherstellung, Erfrischungen usw. Das Vergnügen sollte 5 CUC pro Stunde kosten und ca. 4 Stunden dauern. Ich hatte im Vorfeld von dieser Möglichkeit zu Pferde gehört, verbunden mit der Empfehlung dieses unbedingt zu probieren. Mein Hausherr schleppte mich nur zu einem 'Bekannten', der setzte mich auf ein Pferd und los ging es. Die erste Überraschung: Das Pferd durchquerte eine tiefe Stelle mit faulig riechendem Schlamm. Danach hatte ich diesen in meinen Schuhen und bis zu den Knien an der Hose. Shit happens. Irgendeinen Eintritt für den Park war natürlich nirgends zu entrichten, da wir längst im Nationalpark waren. Die angeblich 250 Meter in den Berg reichende Höhle war tatsächlich inklusive, jedoch kostete Licht inklusive Begleitung extra. Als wir bei einem 'Tabakbauer' ankamen, war ich schon 'vorbereitet' worden: Die armen Bauern müssen 90% der Ernte dem Staat abgeben und von den restlichen 10% bestreiten sie ihr Auskommen. Arme Bauern, nicht wahr? Kaum da, hatte ich ein Getränk in der Hand, danach gab es Ananas und die Vorführung wie man eine Zigarre rollt. Es kam, was kommen musste: Ich sollte ein Dutzend Zigarren zu einem 'sozialen' Preis kaufen um eben die armen Bauern zu unterstützen ...dann wären Trank und Speise inkl. und müssten nicht extra bezahlt werden. Zudem wäre hier der Tabak 'pure Natur' ohne die Aufarbeitung der normalen Zigarren und daher besonders wertvoll. Nach drei Stunden und 20 Minuten waren wir zurück und es waren natürlich 20 CUC fällig. Später habe ich im Reiseführer gelesen, dass ein Ausritt tatsächlich 5 CUC kostet ...und zwar der komplette Ausritt und dies beim offiziellen Veranstalter. - Selbst im sozialistischen Kuba haben sie es also drauf, wie man 'es' macht.

Version 3: Am Nachmittag hatte ich einen dreieinhalb­stündigen Ausritt durch das Tal von Viñales. Es war schön. Die Landschaft war nett, eine Ähnlichkeit mit der Halong-Bucht ohne Wasser oder diese Landschaft im Süden Chinas, deren Name mir gerade nicht einfällt. Wir besuchten eine große Höhle und ich 'durfte' (besser: musste) das tun, was sonst in Höhlen streng verboten ist: Über Stalagmiten oder die bizarren Ränder der kleinen Wasserbecken laufen, denn es gab hier keine Wege. Die Beleuchtung durch meinen Höhlenführer war erneut dürftig und Fotos wurden deutlich getrübt, da 'etwas in der Luft lag'. Staub? Wassertropfen? Insekten? Keine Ahnung. Später sah ich, wie kunstvoll eine Zigarre gerollt wurde und kaufte, nun gegen Ende der Reise, ein Dutzend um der Nachfrage zu Hause nachkommen zu können. Die Kokosmilch und die Ananas waren eine willkommene Erfrischung auf dieser Tour. Im Mittelpunkt stand jedoch die Art: Hoch zu Pferde gemütlich durch eine interessante Landschaft zu reiten gefiel mir. Die Aussicht war besser, die zurückgelegte Strecke größer und alles nicht so anstrengend. Allerdings würde ich dies lieber alleine machen ...alleine, ohne Dolores.

Zurück in meinem Zimmer kümmerte ich mich um meine verdreckten Schuhe, die verdreckte Kleidung und um mich. Ich trat unter die Dusche, steckte meinen Kopf in den Strahl und genoss wie das Wasser meine Haare durchströmte, den Hals hinunter rann, weiter den Rücken entlang und AAARRRGGHHH!! Mit einem Sprung war ich aus der Dusche. Hölle, tat das weh! Nachdem ich provisorisch den Duschvorhang wieder angebracht hatte... aber lassen wir die Details hier einfach mal weg. Dann war's Zeit zum Essen.

Mein Reiseführer schreibt dazu: "Die häusliche Küche in Viñales ist eine der Besten in ganz Kuba - esse in deiner Unterkunft!" Meine Erfahrung passte nicht ganz dazu und so hatte ich für den Abend kein Essen bestellt (was ellenlange Diskussionen und Rechtfertigungen gegenüber dem Hausherr, der Hausherrin, der Schwiegermutter und dem Schwiegervater bedeutete ...einzeln und nacheinander, versteht sich), sondern etwas Verbotenes getan: Irgendwo privat essen gegangen. Natürlich lag mir bereits eine Einladung vor und ich hatte mir Lamm gewünscht. Man hatte für mich einen Tisch im Garten gedeckt, schön mit Stofftischdecke und Blumen. Das Essen wurde gängeweise serviert und war köstlich. Das erste Mal in Kuba bekam ich Fleisch ohne Einheitsgeschmack, verdiente der Salat seinen Namen und war der Rest ebenfalls geschmacklich wohltuend abweichend. Zusammen mit dem Kaiserlichen Reis (Casa Partikular) und dem Essen im Paladares in Baracoa ein Highlight in Kuba.

Restaurants in Kuba sind staatliche Betriebe und gemäß der Revolution stellt Essen eine körperliche Notwendigkeit da, welche durchaus einheitlich ohne Dekadenz befriedigt werden kann. Entsprechende Erwartungen werden in Restaurants voll erfüllt. Seit 1995 dürfen auch private Restaurants, sogenannte Paladares, betrieben werden, wenn auch mit Auflagen (z.B. maximal 12 Plätze) und es sind schmerzhafte monatliche Steuern zu zahlen. Es ist ähnlich und die Ergänzung zu den Casas Particulares, allerdings leider deutlich seltener anzutreffen. Daher gibt mein Reiseführer in der Regel durchgehend die Empfehlung sich bzgl. Essen auf die private Unterkunft zu beschränken. Zusammengefasst: a) hochwertige Küche findet der Reisende in den Paladares b) selbst zur reinen Nahrungsaufnahme sind die staatlichen Restaurants nicht auf Dauer zu ertragen und c) die Casas Partikulares ordnen sich variabel irgendwo dazwischen ein.

Nach dem leckeren Essen schlenderte ich noch etwas durch den Ort und dann zurück in die Unterkunft. Es war 21 Uhr durch, als es an meiner Tür klopfte. Der Hausherr stand dort, sichtlich angetrunken und wollte meine Bilder vom Ausritt auf meinem Computer bewundern. Die Bilder interessierten ihn aber nicht. Seine vielen Fragen zu meinem Laptop und sein ganzes Verhalten waren dagegen sehr seltsam. Es gibt Situationen, da tut man jemanden unter Umständen fürchterlich Unrecht, wenn man ihm aus eigener Vorsicht Böses unterstellt. Ich unterstellte ihm im Stillen jetzt Böses, lehnte sein Angebot der Mojitos ab, wünschte ihm eine gute Nacht und sperrte die Tür von innen besonders gut ab. Damit war auch die Einladung zur Musik im Kulturzentrum geplatzt, denn jetzt wollte ich mein Zimmer nicht mehr alleine lassen.

Es war ein langer Tag, viel war passiert und trotzdem schlief ich erst nach Mitternacht ein.

2010-03-14 Die geklaute Stunde

Jedes Umdrehen erinnerte mich an meine Bekanntschaft mit dem Glück. Um acht stand ich auf und packte. Pünktlich um 9 Uhr saß ich am Frühstückstisch ...und nichts passierte. Nach einer viertel Stunde ging die Küchentür auf und die Schwiegermutter brachte mir, mit mir unverständlichen Erläuterungen, das Frühstück. Etwas später kam die Erklärung: Es war nicht etwa 9 Uhr, sondern bereits 10 Uhr durch, denn in der Nacht hatte Kuba auf Sommerzeit umgestellt. Jetzt erklärte sich mir auch die eine Stunde kürzere Flugzeit nach Paris: Dder Zeitunterschied betrug, bis auch Deutschland umstellte, nur noch 5 Stunden. Aber so um 10 Uhr wollte ich bereits bei meiner neuen Unterkunft sein. Mist. Also schnell gegessen, einen fragwürdigen Betrag von 60 CUC bezahlt (ich kam auf 48 CUC plus zwei Mojitos) und ab die Post.

Hilda, die 'Empfehlung aus Baracoa' brachte mich zu ihrer Freundin. Das Zimmer mit Bad hatte fast 30 qm, dazu eine kleine Terrasse und ein gutes Gefühl bei Sonia, der Hausherrin von 'Casa los Rubios'. Auch sonst war hier einiges anders, besser, und der Preis von 25 CUC schien angemessen. Einen Kaffee auf der Terrasse, duschen, Wäsche zum Waschen geben, Bücher lesen, Computern... diesen Sonntag ließ ich ruhig angehen. Zwischendurch rief Hilda an und brauchte die Telefonnummer von Arquimedes aus Baracoa um ihm mitzuteilen, dass ich in Viñales angekommen und nun gut untergebracht bin. - Das Netzwerk funktioniert.

Casa Particular: Casa los Rubios, Sonia & Sele, km 25 carretera a Pinar del Rio, 22400 Vinales, Tel: 48-695340

2010-03-15 Massenorganisation

Frühstück, Internet, Bank, durch den Ort, durch die Felder Richtung El Moncada, zurück, ausruhen, lesen...

Auf dem Spaziergang kam ich auch am Büro der örtlichen CDR (Comités de Defensa de la Revolución) vorbei. In deren fast 140.000 Comités sind über 85 % der Bevölkerung organisiert, freiwillig. Diese kleinen lokalen Gruppen (Durchschnittlich 50 bis 60 Personen) kontrollieren das politische Engagement der Bevölkerung, ihren Einsatz für das System und beobachten Abweichungen in Meinung und Lebenswandel. Wer einen Kühlschrank braucht oder einen Telefonanschluß, ist häufig auf ein Gutes Wort des jeweiligen Präsident angewiesen. Es erinnert an den NSDAP 'Blockwart', nur besser organisiert. Im Selbstbild wird jedoch das soziale Engagement (speziell im Gesundheitswesen), die Einbindung/Teilhabe des Volkes in die Politik und die Erfolge der Verbrechensbekämpfung hervorgehoben. Wer sich nicht außerhalb der Gesellschaft stelle, könne nichts gegen eine Mitgliedschaft einwenden, sondern profitiere von der Gemeinschaft. - Tja, kommt mir bekannt vor: Wer nix im Schilde führe, habe auch nix zu verbergen und also nix zu befürchten ...ganz zum Wohle und Schutz der Bürger.

2010-03-16 Weltkultur im Tal verstreut

Irgendwie war Kuba hier anders. Die Fernseher waren lauter, die Telefone auch und klingelten häufiger. Das Essen (Fleisch) war zu gut gesalzen, Fisch gab's nur komplett mit Haut & Gräten und selbst 'rotzen' war deutlich häufiger zu hören. Suchte ich das nicht? Verschiedene Ansichten von Kuba? Hier hatte ich sie erneut gefunden ...gehört auch dazu.

Nein, ich hatte es nicht vergessen, sondern bereits am 22. Februar geschrieben: Valle des Viñales gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Es war kein Gebäude, keine Lebewesen, sondern die Landschaft ...von der man im Ort und aus dem Ort heraus nicht viel sah. Aber es gab einen kleinen Bus für die Touristen, fotofreundlich ohne Scheiben, der tagsüber talauf & talab fuhr, 18 Haltestellen hatte und für die Runde 1:10 Stunde brauchte. Das Tagesticket kostete 5 CUC und war afaik die günstigste Möglichkeit das Tal zu erkunden.

Erster Stopp war für mich Cueva del Indio, eine Tropfsteinhöhle. Sie war nicht wie unsere Höhlen, sondern kleiner, weniger ausgeprägte Tropfsteine und weniger Effektbeleuchtung. Trotzdem: sie war bisher hier die schönste Höhle, gepflegte Wege, durchdachte Beleuchtung und die unterirdische Bootstour zum Ausgang war etwas Außergewöhnliches.

Die Wartezeit auf den Bus verbrachte ich mit einem kleinen Spaziergang. Hier war das Weltkulturerbe Viñales tatsächlich zu erkennen. Wer also die Besonderheiten der Landschaft wirklich sehen möchte, muss schon aus dem Ort hinaus und hier her kommen.

Der Bus brachte mich im Laufe einer kurzweiligen halben Stunde 'mit reichlich Aussicht' an's andere Ende seiner Strecke zum Mural de la Prehistoria. Dabei handelte es sich um ein 120 Meter breites, auf die Felswand gemaltes Kunst­werk jener Kategorie, das trotz Erklärung nicht jeder versteht ...so wie ich. Egal.

Der Bus machte Mittags eine Stunde Pause. Dann lagen zwischen den Abfahrten eben zwei Stunden. Abweichend vom Fahrplan machte der Busfahrer jetzt Pause, so dass ich zwei Stunden am 'Kunstwerk' warten sollte. Statt dessen ging ich einen Weg zwischen Kunst und Camping in das Tal hinein und weiter einen anderen Weg und irgendwann dachte ich mir nach einem Blick durch die Landschaft und auf meinen Taschenkompass: Hier rechts, geradeaus und wieder rechts halten ...und irgendwann sollte ich zu dem Tal kommen, das per Pferd besucht war und so auch wieder nach Viñales.

Ich ließ mir Zeit, denn die Sonne sollte erst in sechs Stunden unter gehen. Hier einen Abstecher den Hang hinauf, dort einen Stichweg hinein oder auch mal ein Stück zurück um ein Foto zu machen. Teilweise verließ ich die Wege und ging querfeldein über Wiesen und Äcker, an Felsen vorbei oder kleinen Gebäuden. Nach drei Stunden war ich in Viñales.

Irgendwie war Kuba hier anders. Ich hatte ordentlich Mücken erwartet, aber nur vereinzelt welche kennen gelernt. Hier war es, als sollte das Versäumte an den letzten Tagen noch nachgeholt werden. Leider hatte meine Unterkunft nur eine AirCon und keinen Ventilator. Jeden Abend am Laptop war ich regelrecht umschwärmt: Im Dutzend kamen sie herbei. Die Gastgeberin konnte jedoch mein Bett mit einem Moskitonetz ausrüsten. Nicht so lästig, aber ebenfalls auffallend waren die vielen kleinen Fliegen, welche sich hier über die obligatorischen Teller mit den Früchten hermachten. Nur die Kakerlaken glänzten wie bisher weiter durch Abwesenheit. Ich liebe genau diesen Glanz!

2010-03-17 Bedeckt mit Regen

Heute hatte ich Frühstück erneut für 8 Uhr bestellt. Später bringt nichts, denn mein Zimmer lag vielleicht 20 Meter von einer Schule entfernt.

Kubas dreistufiges Bildungssystem war seit jeher recht erfolgreich: Kostenlos, neun Pflichtschuljahre, Schuluniform, kein Analphabetismus und mit Abstand die besten Ergebnisse aller latein­amerika­nischen Länder. Leider ist die Zukunft nicht so rosig, denn der Lehrermangel setzt dem qualifizierten Unterricht kräftig zu. Lehrer verdienen als Kellner im Tourismus mehr Trinkgeld als ihr reguläres Gehalt. Und Lehrer werden als 'Bezahlung' in andere Länder verliehen oder um dort ein Schulsystem aufzubauen. So ist nur noch jede zweite Stelle mit einem Lehrer besetzt. Der Rest sind frische Schulabgänger, welche quasi als Notnagel irgendwie den Unterricht gestalten. - Eine weitere Besonderheit ist die jährliche Beurteilung der Schüler inkl. Elternhaus bzgl. ihrer politischen Ansichten und Engagements. Hier macht sich das System genauso bemerkbar wie bei der Ausbildung der älteren Schüler an der Waffe.

Das Wetter war die letzten Tage ideal. Nachts kühlte es zwar ab, aber dafür gab es eine Decke. Heute war der Himmel bedeckt und es regnete. Als es am Nachmittag aufhörte, ging ich für eine Stunde mal in den Ort und reservierte mir einen Platz im Bus nach Havanna. Am Abend gab es nochmal nieseligen Nachschlag vom Niederschlag.

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Bernard Henter, Am Flugfeld 33, 40489 Düsseldorf, Tel 0211-404113, email info@henter.name